Wie ist der aktuelle Stand zur Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl durch en Zensus 2022 in Hessen?
Im November 2024 hat das Hessische Statistische Landesamt (HSL) die Bescheide zur Feststellung der amtlichen Bevölkerungszahl auf Basis des Zensus 2022 an alle hessischen Kommunen verschickt. Daraufhin haben 40 der 421 hessischen Kommunen gegen ihren Bescheid Widerspruch eingelegt. Das HSL prüft derzeit alle eingegangenen Widersprüche intensiv und bereitet die Widerspruchsbescheide vor. Dabei geht das HSL jeder von den Kommunen vorgebrachten Begründung einzeln nach, was mehr Zeit in Anspruch nimmt als zu Anfang des Jahres angenommen. Ursprünglich hatte das HSL eine Beantwortung der Widersprüche bis Ende März 2025 vorgesehen (vgl. Pressemitteilung vom 27. Januar 2025Öffnet sich in einem neuen Fenster). Dies wird sich voraussichtlich um einige Wochen verschieben.
Wir bitten um Verständnis, dass wir aufgrund der laufenden Verfahren zum jetzigen Zeitpunkt keine weiteren Auskünfte zum aktuellen Stand der Widersprüche der hessischen Kommunen einschließlich Anhörungen oder Akteneinsicht geben können. Sobald die Beantwortung der Widersprüche abgeschlossen ist, werden wir darüber informieren.
Wo findet man weitere Informationen zum Zensus?
Auf der HSL-Fachseite zum ZensusÖffnet sich in einem neuen Fenster gibt es ein breites Informationsangebot, wobei wir besonders auf die FAQ-SeitenÖffnet sich in einem neuen Fenster und auf den Fachartikel zu den Hintergründen der BevölkerungszahlermittlungÖffnet sich in einem neuen Fenster hinweisen möchten. Alle bisher veröffentlichten Pressemitteilungen zum Zensus 2022 in Hessen sind in unserem MedienraumÖffnet sich in einem neuen Fenster archiviert. Pressemitteilungen des Statistischen Bundesamts zum Zensus 2022 finden Sie unter diesem LinkÖffnet sich in einem neuen Fenster. Darüber hinaus stellt das Statistische Bundesamt auf der Internetseite www.zensus2022.deÖffnet sich in einem neuen Fenster umfassende Informationen, unter anderem auch zur Methodik des Zensus, bereit.
Weiterführende Fachartikel zum Zensus 2022 enthält das Wissenschaftsmagazin WISTA des Statistischen Bundesamts sowie entsprechende MethodenpapiereÖffnet sich in einem neuen Fenster. Dabei möchten wir besonders auf folgende Themen hinweisen:
Im WISTA-Sonderheft 2019Öffnet sich in einem neuen Fenster:
- Stichprobe: S. 12 ff. und S. 23 ff.
- Qualitätsmanagement: S. 59 ff.
In der WISTA-Ausgabe 6/2024Öffnet sich in einem neuen Fenster:
- Hochrechnung: S. 17 ff. (insbesondere S. 24 ff.)
- Personenerhebung inkl. Vorbereitung und IT-Unterstützung: S. 29 ff.
- Ermittlung Berichtskreis Sonderbereiche: S. 41 ff.
- Plausibilisierung: S. 51 ff.
- Qualitätskennzahlen: S. 106 ff.
Methodenpapier zur erhebungsteilübergreifenden PlausibilisierungÖffnet sich in einem neuen Fenster
Wieso wurde ein registergestützter Zensus durchgeführt?
Die im Zensus 2011 und 2022 angewendete registergestützte und durch Stichprobenerhebungen ergänzte Methode geht auf die Forderungen des Bundesverfassungsgerichts aus dem Volkszählungsurteil 1983 zurück. Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts war dabei die Forderung, zukünftige Volkszählungen für die Bevölkerung belastungsarm und nach neuesten statistischen Methoden durchzuführen. Die Rechtmäßigkeit des registergestützten Zensus wurde 2018 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Demnach ist der registergestützte Zensus ein geeignetes Verfahren, um realitätsgerechte Bevölkerungszahlen zu ermitteln. Eine Vollerhebung zur Zählung der Bevölkerung, wie sie in der Bundesrepublik Deutschland zuletzt 1987 durchgeführt wurde, wäre deutlich teurer und für die Bevölkerung mit unverhältnismäßig hohem Aufwand verbunden.
Warum gibt es Abweichungen zwischen Melderegister und Zensusergebnis?
In einer Vielzahl von Kommunen werden durch den Zensus 2022 die Bevölkerungszahlen korrigiert. Es kommt zumeist zu Rückgängen bei der Bevölkerungszahl. Dies war auch in den vergangenen Volkszählungen bzw. dem Zensus 2011 der Fall. Die Gründe, warum die Bevölkerungszahlen in den Registern im Laufe der Zeit überschätzt und deutlich mehr „Karteileichen“ als „Fehlbestände“ vorgefunden werden, sind vielfältig. Aufgabe des Zensus ist es gemäß dem gesetzlichen Auftrag, Fehler in den Melderegistern aufzudecken und statistisch zu korrigieren, um realitätsgerechte Bevölkerungszahlen zu ermitteln.
In diesem Zusammenhang möchten wir auf die Begründung zum Zensusgesetz vom 26. November 2019 verweisen: „Die Ergebnisse des Zensus 2011 haben bestätigt, dass die Daten der Melderegister aufgrund von Über- und Untererfassungen zum Teil fehlerhaft sind. Der Umfang der Fehlerfassungen lässt sich durch die Haushaltsstichprobe näherungsweise ermitteln und auf ihrer Grundlage statistisch korrigieren. Mit Übererfassungen wird der Sachverhalt bezeichnet, dass Personen, die zum Zensusstichtag im Melderegister geführt werden, tatsächlich nicht unter der angegebenen Anschrift wohnen. Untererfassungen liegen hingegen vor, wenn Personen, die an einer Anschrift tatsächlich wohnen, nicht unter der Anschrift im Melderegister geführt werden. Weil diese Art von Fehlern nicht allein auf der Basis der Informationen aus den Melderegistern identifiziert und bereinigt werden kann, bedarf es primärstatistischer Feststellungen z. B. durch die Haushaltsstichprobe.“
Die im Zensus 2011 und 2022 angewendete registergestützte und durch Stichprobenerhebungen ergänzte Methode geht auf die Forderungen des Bundesverfassungsgerichtes aus dem Volkszählungsurteil 1983 zurück. Maßgabe des Bundesverfassungsgerichts war dabei die Forderung, zukünftige Volkszählungen für die Bevölkerung belastungsarm und nach neuesten statistischen Methoden durchzuführen. Die Rechtmäßigkeit des registergestützten Zensus wurde 2018 vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Demnach ist der registergestützte Zensus ein geeignetes Verfahren, um realitätsgerechte Bevölkerungszahlen zu ermitteln.
Warum können die Melderegister nicht anhand der Zensusergebnisse korrigiert werden?
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung 1983 erlegte den statistischen Ämtern das sogenannte Rückspielverbot auf. Demnach ist ein Zensus nur mit dem Grundgesetz vereinbar, solange das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ausreichend gewürdigt wird. Damit ist klar geregelt, dass die im Rahmen von statistischen Erhebungen gewonnenen Daten und Informationen nur für Zwecke der Statistik und nicht für Zwecke der Verwaltung oder des Verwaltungsvollzugs genutzt werden dürfen. Das schließt auch die Korrektur von Melderegistern mit ein.
Warum liegen für Kommunen mit einer Bevölkerungszahl unter 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner keine Ergebnisse zu Bildung und Erwerbstätigkeit vor?
In Kommunen mit weniger als 10.000 Einwohnerinnen und Einwohnern wurde nur eine Unterstichprobe der Haushaltebefragung auf Stichprobenbasis von maximal 8 Prozent ihrer Gesamteinwohnerzahl durchgeführt. Diese Unterstichprobe genügt, um verlässliche Ergebnisse auf Kreisebene zu erhalten. Eine Ausweitung der Stichprobe, um die Repräsentativität der Angaben für alle Kommunen zu gewährleisten, war insbesondere aus Kostengründen vom Bundesgesetzgeber nicht vorgesehen.
Ist die im Rahmen des Zensus zum Stichtag 15. Mai 2022 ermittelte Bevölkerungszahl noch veränderbar?
Die Ergebnisse des Zensus 2022 werden nicht mehr geändert. Der Zensus ist nach der in der Zensusgesetzgebung vorgegebene Methode durchgeführt worden. Gemäß § 1 Zensusgesetz 2022 dient der Zensus der Feststellung der Bevölkerungszahlen von Bund, Ländern und Gemeinden. Die Ermittlung der Bevölkerungszahl ist ein Auftrag mit Verfassungsrang und ergibt sich aus dem Grundgesetz.
Sollten Unregelmäßigkeiten in der Ermittlung der Bevölkerungszahlen im Verlauf von Widerspruchs- und Klageverfahren bekannt werden, könnten diese im Einzelfall unter bestimmten Voraussetzungen über die Bevölkerungsfortschreibung korrigiert werden. Hierfür gibt es ein bundesweit abgestimmtes Vorgehen. Dabei ist zu beachten, dass aus verfahrenstechnischen Gründen keine rückwirkende Korrektur der Bevölkerungszahlen zum Zensusstichtag möglich ist, sondern nur im Rahmen der laufenden Bevölkerungsfortschreibung.
Wann wurden die amtlichen Bescheide zur Feststellung der Bevölkerungszahl versendet?
Der Versand der amtlichen Bescheide zur Feststellung der Bevölkerungszahl für die hessischen Kommunen fand Mitte November 2024 statt. Die Kommunen hatten die Möglichkeit, binnen einer Frist von einem Monat ab Zustellung Widerspruch gegen den Bescheid einzulegen.
Wie wurden die Erhebungen zur Bevölkerungszahlermittlung vor Ort durchgeführt?
Die Vorgaben für die Bevölkerungszahlermittlung und das Vorgehen der Existenzfeststellung im Zensus 2022 durch die Erhebungsstellen war von besonderer Bedeutung, da es großen Einfluss auf die Genauigkeit der Ergebnisse hat. Grundsätzlich orientiert sich das Vorgehen der Existenzfeststellung an den Vorgaben des Melderechts und berücksichtigt die melderechtlichen Besonderheiten in Bezug auf die Meldepflicht.
Die Erhebungsstellen, die die Bevölkerungszahlermittlung im Rahmen des Zensus eigenverantwortlich durchgeführt haben, und die Erhebungsbeauftragten wurden im Vorfeld der Erhebung, aber auch im laufenden Geschäft umfassend auf die ihnen zugedachten Aufgaben und Arbeiten vorbereitet und geschult. Dies gilt insbesondere auch für mögliche Problemfälle und unklare Situationen vor Ort, auf die durch entsprechende Sensibilisierung hingearbeitet wurde. Es gab ein bundesweites Konzept zur Existenzfeststellung, auf dessen Einhaltung sich die kommunalen Erhebungsstellen verpflichtet haben. Darin war genau geregelt, wie in welchem Fall vorzugehen war.
Folgendes Vorgehen sah das bundesweite Konzept zur Existenzfeststellung für die Herstellung eines persönlichen Kontakts durch Erhebungsbeauftragte (EB) vor:
Die erste Begehung der EB sollte möglichst vor dem Stichtag 15. Mai 2022 erfolgen. Bei der ersten Begehung erfolgten die Aufnahme von Anschriften bzw. Befunden zur Existenz auf Grund von Klingel- bzw. Briefkastenbeschriftungen sowie der Einwurf von Terminankündigungen für die weiteren Befragungen.
Wurde zum ersten angekündigten Termin niemand angetroffen, war ein zweiter Kontaktversuch vorgesehen. Der zweite Kontaktversuch konnte im Ermessen der Erhebungsstelle per zweiter Terminankündigung oder unangekündigt erfolgen („nicht-terminierter Kontaktversuch nach erfolgloser erster Terminankündigung“).
Vordringliches Ziel war die Herstellung eines persönlichen Kontakts von Angesicht zu Angesicht. Im Falle eines telefonischen Kontakts von Auskunftsperson und EB konnte – wenn eine Terminvereinbarung nicht möglich war – eine Kurzabfrage von Vor-/Familiennamen aller Personen im Haushalt erfolgen.
Bei wiederholtem Nichtantreffen (nach zwei Kontaktversuchen) wurde das Verfahren der Existenzfeststellung von der Erhebungsstelle übernommen und durch ein schriftliches Verfahren fortgeführt (Anschreiben unter Nutzung des Postzustellungsauftrags).
Die Erhebungsphase erstreckte sich vom Zensus-Stichtag, dem 15. Mai 2022, bis zum 30. November 2022.
Alle im Rahmen der Begehungen gemachten Feststellungen zu Übererfassungen (Karteileichen) und Untererfassungen (Fehlbeständen) waren als vorläufig zu betrachten. Erst durch den Abgleich der Erhebungsbefunde mit dem konsolidierten Melderegisterbestand zum Zensusstichtag konnten endgültige Angaben zur Existenz von Personen an den Stichprobenanschriften erfolgen. Dies ergibt sich aus der Tatsache, dass zum Zensusstichtag wirksame Änderungen in den Melderegistern unter Umständen erst nach dem Zensusstichtag in den Registern erfasst wurden.
Wie wurden Geflüchtetenunterkünfte im Rahmen der Bevölkerungszahlermittlung erfasst?
Die Ermittlung der Einwohnerzahlen im Rahmen des Zensus erfolgte unter Einhaltung der melderechtlichen Vorgaben. Danach zählen auch Personen mit Asylstatus zur Bevölkerung, sofern sie zum Stichtag des Zensus mit ihrem (alleinigen oder Haupt-) Wohnsitz in der Kommune gemeldet waren. Dabei wurden Gemeinschaftsunterkünfte als Vollerhebung erfasst, das heißt, alle zum Zensus-Stichtag in Gemeinschaftsunterkünften gemeldeten Personen wurden zentral über die Unterkunftsleitung an die Erhebungsstellen übermittelt.
Wie wurde bei den Erhebungen mit Antwortausfällen umgegangen?
Antwortausfälle bzw. fehlende Rückmeldungen kann es nur im Rahmen der Erhebung der Angaben zu Bildung, Ausbildung und Erwerbstätigkeit gegeben haben. Diese haben auf die Bevölkerungszahlermittlung keinen Einfluss. Im Rahmen der Bevölkerungszahlermittlung bzw. Existenzfeststellung gab es per Definition im Zensus 2022 – wie auch bereits im Zensus 2011 – keinen Non Response (Antwortausfall), weder auf Haushalts- noch auf Personenebene. Das Konzept der Existenzfeststellung endet unweigerlich für jede Person mit der Feststellung der Existenz oder der Nicht-Existenz.
Wie ist die Stichprobe für die Personenerhebung gezogen worden?
Die Stichprobenziehung erfolgte im Wege einer geschichteten Zufallsauswahl. Die Schichtzugehörigkeit einzelner Anschriften ergibt sich aus der Schicht-ID, die dem Datenblatt entnommen werden kann. Die Auswahl wurde dabei so gezogen, dass die Genauigkeit der Ergebnisse auf Ebene der Kommunen gewährleistet ist. Eine regionale Auswahl unterhalb der Kommunenebene ist nicht erfolgt. Prof. Dr. Ralf Münnich, Leiter der Professur für Wirtschafts- und Sozialstatistik der Universität Trier, hat den Zensus und seine Methodik unabhängig und wissenschaftlich begleitet.
Welche Plausibilisierungen wurden über die verschiedenen Erhebungsteile des Zensus hinweg durchgeführt?
Die Qualität der Zensus-Ergebnisse wurde durch umfassende Plausibilisierungen sichergestellt. Dazu zählt die sogenannte erhebungsteilübergreifende Plausibilisierung (EÜPL), bei der auf Anschriftenebene Melderegisterdaten mit den Ergebnissen der Personenbefragungen abgeglichen wurden. Das bedeutet, es wurden alle Informationen auf Anschriftenebene betrachtet und in Bezug auf die gemeldeten Personen waren die Strukturmerkmale zur Anzahl der Personen aus dem Melderegister an einer Anschrift relevant.
Nachdem die Erhebungsstelle die Existenzen bzw. Nichtexistenzen von Personen festgestellt hat, wurden diese Informationen in den sogenannten Referenzdatenbestand integriert. Der Referenzdatenbestand beinhaltete Informationen auf Personenebene und auf Anschriftenebene.
Die durch die Erhebungsstelle festgestellten Ergebnisse auf Basis der von den Erhebungsbeauftragten durchgeführten Erhebungen wurden mit den aktuell vorliegenden Melderegistern (MR) zum Stand November 2021 (MRV2) bzw. zum Zensusstichtag 15. Mai 2022 (MRZ1) abgeglichen. Im Ergebnis wurde jeder Personendatensatz an der Anschrift entweder als vorläufige Karteileiche (KL), als vorläufiger Fehlbestand (FB) oder als vorläufig paarig existente Person (PE = Übereinstimmung von Erhebungsergebnis und Melderegistereintrag) bzw. vorläufig paarig nicht existente Person (PN) gekennzeichnet. Daraus erfolgte anschließend die Aggregation aller Einzelergebnisse auf Personeneben zu Merkmalen auf Anschriftenebene, sodass für jede Anschrift die Anzahl der vorläufigen Karteileichen, vorläufigen Fehlbestände und vorläufigen paarig existenten Personen vorlag.
Vom System, das heißt im Rahmen eines automatisierten Abgleichs in der Zensus-Fachanwendung, wurde dann ermittelt, ob die im Rahmen der Stichproben- und Sonderbereichserhebung ermittelte Anzahl an Personen (Existenzen) im Vergleich zur Anzahl der gemeldeten Personen laut Melderegister plausibel war oder nicht. Zur Aufdeckung vermeintlich unplausibler Anschriften wurden verschiedene Prüfkategorien definiert. Die Prüfkategorien lauteten: „Keine paarigen, aber sowohl Karteileichen als auch Fehlbestände“, „Keine paarigen und nur Fehlbestände“, „Keine paarigen und nur Karteileichen“, „Deutlich mehr existente Personen als laut MR zu erwarten“, „Deutlich weniger existente Personen als laut MR zu erwarten“ bzw. „Hoher Anteil nicht paariger Datensätze. Eine Anschrift wurde als unplausibel gekennzeichnet, wenn bestimmte, in Abhängigkeit der Anschriftengröße festgelegte Schwellwerte über- bzw. unterschritten wurden. Die Schwelle war anschriftenindividuell im Ergebnis unterschiedlich.
Sofern an einer Anschrift größere Abweichungen der Strukturmerkmale vorlagen, konnten die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Statistischen Landesamts u. a. Informationen aus der Gebäude- und Wohnungszählung zu Anschriftenbefunden (z. B. kein Wohnraum) bzw. Strukturmerkmalen (z. B. Anzahl der bewohnten Wohnungen) hinzuziehen, um etwaige Unplausibilitäten aufzulösen. Wenn keine weiteren Informationen vorlagen, wurden die aufgedeckten Unplausibilitäten den Erhebungsstellen im Erhebungsunterstützungssystem (EHU) angezeigt. Die Erhebungsstellen hatten die Aufgabe, diese Anschrift erneut zu prüfen (z. B. durch eine erneute Begehung der Anschrift), ggf. zu korrigieren und abschließend als plausibel zu kennzeichnen.
Weitere Informationen zur EÜPL finden Sie auch in WISTA 06/2024Öffnet sich in einem neuen Fenster, S. 52 ff.
Wie wurde der Hochrechnungsfaktor ermittelt?
Der Hochrechnungsfaktor ergibt sich aus einem mehrstufigen mathematisch-statistischem Verfahren. Dieses Verfahren ist in einer gesonderten Veröffentlichung beschrieben und unter https://www.zensus2022.de/DE/Aktuelles/wista-sonderausgabe-zensus.htmlÖffnet sich in einem neuen Fenster abrufbar. Zunächst wird ein initialer Hochrechnungsfaktor bestimmt, der sich aus dem Kehrwert der Auswahlwahrscheinlichkeit ergibt. Im Folgenden werden dann diese Hochrechnungsfaktoren im Rahmen eines Kalibrierungsverfahrens (sog. GREG-Schätzung) modifiziert. Dies führt zu einer Verbesserung der Schätzqualität sowie der Herstellung von Kohärenzen in den Ergebnissen.
Wie lassen sich die Ergebnisse der Hochrechnung in einzelnen Schritten durch die Kommunen nachvollziehen?
Aufgrund der statistischen Geheimhaltung und des Rückspielverbots ist es nicht möglich, die einzelnen Schritte auf Einzelfallebene darzustellen. Hier ist die amtliche Statistik an die Einhaltung der entsprechenden rechtlichen Bestimmungen gebunden. § 16 Abs. 1 BStatG ordnet an, dass Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse, die für eine Bundesstatistik gemacht werden, geheim zu halten sind. Zudem dürfen von Gesetzes wegen die zum Zweck der Erstellung der amtlichen Statistik erhobenen Daten nicht an die Verwaltung zurückgespielt werden (§ 21 Abs. 4 ZensG 2022). Dies geht darauf zurück, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Volkszählungsurteil (BVerfG Urteil vom 15.12.1983, 1 BvR 209/83 u. a. - BVerfGE 65, 1 ff.) eine strikte Abschottung der amtlichen Statistik gegenüber der übrigen öffentlichen Verwaltung gefordert hat (sogenanntes „Rückspielverbot“). Es hat in dieser Entscheidung das damalige Volkszählungsgesetz als verfassungswidrig eingestuft, weil dieses einen Abgleich mit den Melderegistern vorsah.
In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass sich die Ergebnisse nicht durch einfache Rechenschritte nachrechnen lassen. Dafür ist die Hochrechnung zu komplex und umfasst zu viele Faktoren. Das finale Hochrechnungsergebnis der Stichprobe ergibt sich beispielsweise aus:
- der Erstellung der Auswahlgrundlage, in die u. a. die Zuweisung der Wohnraumeigenschaft einfließt,
- den beiden Stichprobenziehungen (Haupt- und Nachziehung),
- der Existenzfeststellung an den Stichprobenanschriften durch die Erhebungsbeauftragten,
- dem Abgleich der Ergebnisse der Existenzfeststellung mit dem konsolidierten stichtagsbezogenen dublettenbereinigten Melderegisterbestand,
- den Regeln wie ein Erhebungsrücklauf mit "Anschriftenbefund" (z. B. Baulücke) zu verarbeiten ist,
- der sukzessiven Berechnung, beginnend mit dem Designgewicht (der reziproken Auswahlwahrscheinlichkeit), der finalen Hochrechnungsfaktoren der verallgemeinerten Regressionsschätzung (GREG).
Die rechnerischen Zwischenergebnisse sind für jede Gemeinde (genauer: jeden Samplingpoint) für jeden Prozessschritt der Bevölkerungszahlermittlung im Datenblatt dokumentiert. Eine methodische Beschreibung der einzelnen Prozessschritte erfolgte über entsprechende allgemein zugängliche Publikationen.
Wie ergibt sich die Zahl im Datenblatt der „Einwohner laut Melderegister“ in Spalte 5?
In Spalte 5 der Schichttabelle werden die an den Anschriften zum Stand Februar 2021 (Hauptziehung) bzw. November 2021 (Nachziehung) laut Melderegister zum Zensusstichtag gemeldeten Personen ausgewiesen. Nicht enthalten sind in diesen Werten die Anschriften, die nach November 2021 neu entstanden sind bzw. an denen sich erstmals Personen angemeldet haben (siehe hierzu auch die Erläuterungen zur Schichttabelle im Datenblatt auf Seite 14). Alle nach November 2021 neu entstandenen Wohnanschriften gehen daher 1:1 in das Zensusergebnis ein, da an diesen Anschriften keine Stichprobenziehung und damit auch keine Begehung mehr möglich war. Neben den in der Schichttabelle nachgewiesenen Anschriften zu den Ziehungszeitpunkten der Haupt- und Nachziehung wurden darüber hinaus noch Sonderanschriften begangen. Angaben zu den Ergebnissen der Begehungen an Sonderanschriften sind der Schichttabelle nicht zu entnehmen. Die Ergebnisse der Sonderanschriften sind in der Korrektur II auf Seite 2 des Datenblattes ausgewiesen.
Wieso lässt sich von einer Zunahme an Wohnungen in einer Kommune nicht direkt auf eine Zunahme der Bevölkerung schließen?
Aus den Veröffentlichungen der Bautätigkeitsstatistik bzw. dem Vergleich der Wohnungsbestandszahlen des Zensus 2011 mit dem Zensus 2022 zeigt sich eine Zunahme des Bestands an Gebäuden mit Wohnraum und Wohnungen. Allerdings ergibt sich der zunehmende Bedarf an Wohnungen nicht nur aus der Entwicklung der Bevölkerungszahlen, sondern aus dem seit Jahren bundesweit zu beobachtenden Trend zu kleineren Haushaltsgrößen, insbesondere zu Einpersonenhaushalten. Dies führt dazu, dass zunehmender Bedarf an Wohnungen und damit auch an Strom- und Wasserzählern sowie an Mülltonnen entsteht. Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass auch Personen mit Nebenwohnsitz, die nach den für die Bevölkerungszahlermittlung geltenden Regeln nicht zur Bevölkerung zählen, Wohnungen beanspruchen.