Von Dr. Benjamin Hampf und Sebastian Heimann
Im Hessischen Statistischen Landesamt werden seit August 2019 die Bekanntmachungen des elektronischen Handelsregisters systematisch ausgewertet, um die Qualität und Aktualität der Daten des statistischen Unternehmensregisters zu steigern. Der Fokus dieses Digitalisierungsprojektes liegt dabei auf einer möglichst weitgehenden Automatisierung der Informationsverarbeitung. Dieser Fachartikel stellt die Methodik und Ergebnisse des neuen Workflows vor, zeigt Möglichkeiten und Grenzen einer solchen Automatisierung auf und gibt einen Ausblick auf geplante Erweiterungen zur Entlastung der Berichtspflichtigen der amtlichen Statistik.
1. Einleitung
2. Multiquellenverarbeitung im statistischen Unternehmensregister
3. Verarbeitung von EHUG-Informationen
4. Fallzahlen der EHUG-Verarbeitung
5. Fazit und Ausblick
1. Einleitung
Die Digitalisierung von Arbeitsprozessen sowie die Nutzung von Verwaltungsdaten sind gegenwärtig zwei der wichtigsten Themen der amtlichen Statistik. Neben der Realisierung von Aktualitäts- und Qualitätsgewinnen sowie einer Vereinfachung der Datenverarbeitung wird hierdurch die Entlastung von Berichtspflichtigen zu statistischen Erhebungen angestrebt. Die Nutzung bereits verfügbarer Verwaltungsdaten erlaubt es, Primärerhebungen zu reduzieren oder ganz auf diese zu verzichten. Durch die konsequente Umsetzung dieses „Once-Only“-Prinzips können Effizienzgewinne realisiert und Bürokratiekosten gesenkt werden.
Das statistische Unternehmensregister (URS) ist ein zentrales Element der amtlichen Statistik, da es als Auswahlgrundlage und Datenbank für einen Großteil der wirtschafts-, energie- und umweltstatistischen Erhebungen dient. Seit August 2019 werden im Hessischen Statistischen Landesamt (HSL) die Bekanntmachungen des elektronischen Handels- und Genossenschaftsregisters (EHUG) ausgewertet, um die Aktualität und Qualität des URS zu steigern. Aufbauend auf ersten Arbeiten im Statistischen Verbund zur Nutzung von Handelsregisterdaten (siehe Schneider 2019) liegt der Fokus auf einer möglichst weitgehenden Automatisierung der Verarbeitung der EHUG-Daten. Diese Verarbeitung basiert zum einen auf einer präzisen, qualitätsgesicherten Identifikation relevanter Änderungen sowie potentieller Neuaufnahmen für das URS. Zum anderen auf der Nutzung von Schnittstellen zur automatisierten Übertragung der Informationen.
Dieser Fachartikel ist wie folgt aufgebaut: Kapitel 2 gibt einen Überblick über das URS und seine externen Datenquellen. Kapitel 3 geht auf die EHUG-Daten sowie auf deren Verarbeitung vor Einführung des neuen Workflows ein. Der neue Workflow wird vorgestellt und das Spannungsfeld zwischen dem Einsatz solcher neuer Verfahren und den hohen Qualitätsanforderungen der amtlichen Statistik aufgezeigt. Kapitel 4 gibt einen konkreten Einblick in den Erkenntnisgewinn durch den neuen Workflow. Der Fachartikel schließt in Kapitel 5 mit einer Darstellung geplanter Erweiterungen sowie einem Fazit zur Einführung der EHUG-Verarbeitung im HSL.
2. Multiquellenverarbeitung im statistischen Unternehmensregister
Das URS ist eine Datenbank mit Kennzahlen zu Unternehmen und Betrieben in Deutschland, die gemeinsam durch die Statistischen Ämter des Bundes und der Länder laufend aktualisiert, betrieben und gepflegt wird. Gemäß dem sogenannten Sitzlandprinzip ist dabei das Land – und damit das jeweils zuständige Statistische Landesamt – für die Pflege der Einheit verantwortlich, in dem ein Unternehmen seinen Sitz bzw. ein Betrieb seinen Standort hat. Das URS enthält für jede Einheit detaillierte Informationen von Adress- und Firmierungsangaben über Umsatz- und Beschäftigtenzahlen bis hin zu Strukturinformationen von Unternehmensgruppen (für eine ausführliche Übersicht des URS siehe Sturm und Tümmler 2006)1).
Das URS besteht aus drei miteinander verbundenen Teilregistern. Im administrativen Register werden die Lieferungen der externen Datenquellen abgelegt und verarbeitet. Im Kernregister werden alle relevanten Einheiten und deren Merkmale geführt, während im Erhebungsregister die Berichtskreise und weitere Informationen (bspw. zu Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartnern) der statistischen Erhebungen gespeichert sind.2)