Kinderhände liegen in Händen von Erwachsenen, darin ein Haus aus Papier

Hessisches Statistisches Landesamt

Zahl der Kindeswohlgefährdungen auf neuem Höchststand

Im Jahr 2022 haben hessische Jugendämter 16 600 Gefährdungseinschätzungen durchgeführt. In 5 600 Fällen stellten sie eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung fest, das war ein neuer Höchststand. Zudem meldeten die Jugendämter 6 500 vorläufige Schutzmaßnahmen. Die hessischen Familiengerichte ordneten in 700 Fällen Maßnahmen zum teilweisen oder vollständigen Entzug der elterlichen Sorge an.

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Die Jugendämter in Hessen haben im Jahr 2022 rund 16 600 Gefährdungseinschätzungen durchgeführt. Das waren 7 Prozent mehr als im Vorjahr und mehr als doppelt so viele wie zu Beginn der statistischen Aufzeichnung im Jahr 2012 (plus 131 Prozent). Damals hatte die Gesamtzahl der Gefährdungseinschätzungen bei 7 200 Fällen gelegen.

Kindeswohlgefährdungen

Von den 16 600 durchgeführten Gefährdungseinschätzungen im Jahr 2022 ergab sich in jedem dritten Fall eine akute oder latente Kindeswohlgefährdung. Das war mit insgesamt 5 600 Fällen ein neuer Höchststand. 2021 hatte es mit insgesamt 5 100 Fällen noch 9 Prozent weniger festgestellte Kindeswohlgefährdungen in Hessen gegeben.

In 49 Prozent der Fälle von Kindeswohlgefährdung stellten die Jugendämter psychische Misshandlungen, in 46 Prozent Vernachlässigung, in 25 Prozent körperliche Misshandlungen und in 5 Prozent Anzeichen sexueller Gewalt fest. Knapp die Hälfte (48 Prozent) aller Gefährdungseinschätzungen im Jahr 2022 betrafen Kinder unter sieben Jahren.

Schutzmaßnahmen

Die hessischen Jugendämter meldeten im Jahr 2022 insgesamt 6 500 vorläufige Schutzmaßnahmen für Kinder und Jugendliche bis 18 Jahre. Das waren 54 Prozent mehr als 2021. Dies ist vor allem auf eine Zunahme der unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland zurückzuführen (plus 155 Prozent gegenüber dem Vorjahr). Die unbegleiteten Einreisen aus dem Ausland waren mit 54 Prozent aller Fälle auch der häufigste Anlass für die Durchführung von Schutzmaßnahmen, gefolgt von der Überforderung der Eltern oder eines Elternteils (22 Prozent aller Fälle) und Anzeichen für Vernachlässigung bzw. körperliche Misshandlungen (jeweils 10 Prozent).

Entzug der elterlichen Sorge

Im Jahr 2022 ordneten hessische Familiengerichte in 700 Fällen Maßnahmen zum teilweisen oder vollständigen Entzug der elterlichen Sorge an. Gegenüber 2021 verringerte sich die Zahl um 19 Prozent.

Hinweis

Bei den Schutzmaßnahmen handelt es sich um die Inobhutnahme oder Herausnahme aus einem Heim, der eigenen Familie, einer Pflegefamilie oder einer anderen Unterbringungsart aufgrund einer akuten Gefahr für das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen.

Die Anteile der verschiedenen Anlässe für eine Kindeswohlgefährdung ergeben summiert mehr als 100 Prozent, weil hier Mehrfachnennungen möglich sind. Bei den Anlässen für Schutzmaßnahmen werden die Fälle registriert, nicht die Kinder und Jugendlichen. Daher sind Doppelzählungen von Kindern und Jugendlichen möglich. Dies ist in der Regel bei unbegleiteten Einreisenden aus dem Ausland der Fall. Diese werden zunächst vorläufig und dann regulär in Obhut genommen. Kinder und Jugendliche, die mehrfach im Jahr in Obhut genommen werden, werden ebenfalls mehrfach gezählt.

Die Einschränkung oder der Entzug des Sorgerechts erfolgt nur in Fällen, in denen eine Gefahr für das Wohl oder Vermögen des Minderjährigen auf andere Weise nicht abgewendet werden kann. Dabei wird die elterliche Sorge vollständig oder teilweise auf das Jugendamt oder eine dritte Person als Vormund, Pflegerin oder Pfleger übertragen. Erfasst werden diejenigen Fälle, bei denen zuvor eine Gefährdungseinschätzung vorgenommen wurde.

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